Die Opfer von Naziterror, Leid und Tod haben Gesichter
Überlebende von Frauen-Konzentrationslagern haben für eine Wanderausstellung 51 Frauenschicksale zusammengetragen

Von Sabine Krischke

Biografien des Grauens: Frauen, die in den Konzentrationslagern Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück litten, sind Thema einer Ausstellung in Mainz- Kostheim. Die Schau wurde von den Überlebenden konzipiert. Einige stammen aus der Rhein-Main-Region.

WIESBADEN. Luise Mauer wurde 1933 im Alter von 27 Jahren das erste Mal verhaftet. Die gebürtige Hochheimerin (Main-Taunus-Kreis), seit 1930 KPD Mitglied, hatte in Raunheim mit Genossinnen antifaschistische Flugblätter verteilt. Luise hatte Glück im Unglück: das Gericht mußte sie „mangels Beweisen" freisprechen. Einschüchtern ließ sich die junge Kommunistin nicht: Sie zieht nach Prag, organisiert die Flucht von Genossen über die Grenze und transportiert Flugblätter ins „Reich" hinein. 1935 wird sie in Leipzig verhaftet, zu vier Jahren Gefängnis verurteilt - und nach verbüßter Strafe zur „Schutzhaft" in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück, nördlich von Berlin, eingewiesen.

Nach dreijähriger Zwangsarbeit deportieren die Nazis Luise und andere Frauen nach Auschwitz, wo sie als Arbeitssklavinnen für den Bau des Frauenlagers eingesetzt werden. Luise erkrankt an Typhus, überlebt nur, weil eine Freundin verhindert, dass der Lagerarzt sie zu Tode spritzt. 1944 wird die Hochheimerin nach fast zehnjähriger Haft- und Leidenszeit entlassen und kehrt in ihre Heimat zurück. Sie stirbt im Alter von 83 Jahren 1989 in Raunheim. Nachzulesen ist Luise Mauers Biografie des Grauens in der Schau „Frauen im Konzentrationslager 1933 bis 1945", die zur Zeit in Mainz-Kostheim zu sehen ist.

Konzipiert wurde die Wanderausstellung 1998 von Überlebenden der Frauenkonzentrationslager Moringen, Lichtenburg und Ravensbrück, die 51 Frauenschicksale - teils ihre eigene Lebensgeschichte, teils die verstorbener Freundinnen - in biografischen Texten und mit Porträtfotos, festgehalten haben. Die authentischen Zeugnisse illustrieren die Bandbreite des nationalsozialistischen Verfolgungswahns: ob Zeugin Jehova, Kommunistin, Sozialistin, Prostituierte, Jüdin oder Zigeunerin - der NS-Terror machte vor keiner Halt.

Sechs der Portraitierten leben oder lebten im Rhein-Main-Gebiet und Umgebung. Etwa die Wahl-Wiesbadenerin und Widerstandskämpferin Anneliese Hoevel, die als KPD-Mitglied von 1937 bis 1939 im KZ Moringen (bei Göttingen) in „Schutzhaft" saß und 1942 wegen „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens" in Frankfurt hingerichtet wurde. Oder Hildegard Schäfer aus Bad Kreuznach, die sich 1939 weigerte, einen Job in einem Rüstungsbetrieb anzunehmen, „weil ich nicht möchte, dass Schwager gegen Schwager kämpft". Ihre Schwester war mit einem Franzosen verheiratet, ihr Bruder Wehrmachtssoldat. Das Arbeitsamt denunzierte Schäfer, die kurz darauf als „Politische" ins Konzentrationslager Ravensbrück verfrachtet wurde. Schäfer gehört wie Luise Mauer zu den Wenigen, die den NS-Terror überlebten. Sie starb 1995.

FR 24.8.2000

Luise Mauer aus Hochheim als junge Frau - und nach der überlebten Schreckenszeit in den Nazi-KZs. Hat sich irgendein Nazi jemals für seine Verbrechen bei den Opfern, seinen Opfern, entschuldigt? Hat der Staat Bundesrepublik Deutschland jemals den Opfern Genugtuung widerfahren lassen? Nein.Luise Mauer in jungen Jahren.Luise Mauer erlitt das Schicksal von vielen politischen Deutschen, die ab 30. Januar 1933 die Nazis in ihrem ganzen Schrecken, in all ihrer Brutalität erlebt haben. Diese Menschen, wenn sie denn das Glück hatten überlebt zu haben, waren gezeichnet für ihr Leben. Diese Menschen waren Helden, zumeist stille Helden, um die sich niemand mehr gekümmert hat. Widerstandskämpfer von “unten”, geringes Sozialprestige, 1945 ff. belächelt, verachtet, ignoriert.

Wer wollte nach der Kapitulation, die für doch so manchen Deutschen eine Befreiung war, noch oder wieder etwas von diesen Menschen, den Opfern der Nazis,  wissen? Sie wurden  in die Freiheit des westlichen Nachkriegsdeutschland entlassen, beiläufig, geringschätzig. Wer wollte etwas wissen von ihrem Leiden, von ihren Zielen, vom großen “Warum?” für soviel Überzeugungstaten, für soviel Haltung, Charakter - für Ehre und Anstand? Niemand: besser - kaum jemand.Luise Mauer nach überlebter KZ-Zeit.

Ein Mann wie Georg Elser, ein Einzelkämpfer, der einfach gegen die Nazis etwas tun, etwas wirklich Effizientes tun wollte, der sich eine konkrete Chance ausgerechnet hatte, Hitler persönlich durch ein Bombenattentat umzubringen, wurde im Jahre 2000 von gelehrten deutschen Wissenschaftlern noch einmal geopfert - mit viel Gedankenlosigkeit der FR garniert. Ihm wurde einfach das Recht abgesprochen, gegen die Nazis kämpfen zu dürfen. In den Augen dieser hehren Denker ist wohl Voraussetzung gewesen, den “tragenden” Schichten des deutschen Volkes angehört haben zu müssen - oder die Generalsstreifen getragen zu haben.

Die Nazi-Täter haben jahrzehntelang ihre “wohlverdienten” Pensionen genossen. Die Opfer, selbst wenn sie überlebt hatten, blieben arm, geächtet, wurden vergessen. War ihr Opfer umsonst, ihr Mut, ihr Kampf? Dienen sie den Menschen von heute als Vorbild? Werden sie bewundert? Nein? Geachtet? Nein? Verehrt? Nein, nichts, gar nichts. Ich fürchte, sie haben umsonst gelitten, “unsere Leute”. Sie kamen von unten, aus der Arbeiterschaft, die den Nazis am längsten Widerstand geleistet haben. Unsere Leute haben von der Nazizeit nicht profitiert, sie mußten ihre Haut zu Markte tragen. In der DDR wurde d

Bilder aus: FR 24.8.2000

er Naziopfer ehrend gedacht. Aber das ist ja jetzt auch Geschichte...

Die NS-Landräte des Main-Taunus-Kreises  und all die vielen anderen Täter werden sicher keine Skrupel gehabt haben, ihrem Führer freudig zu dienen - bei guter Bezahlung. In der Nazizeit und, wenn sie überlebt haben, auch danach.